Mein Name ist Maja. Vor fast einem Jahr wurde ich rechtswidrig nach Ungarn ausgeliefert. Seitdem werde ich hier in menschenunwürdiger Langzeit-Einzelhaft gefangen gehalten. Gestern, am 4. Juni 2025, sollte über meinen Antrag auf Verlegung in den Hausarrest entschieden werden. Diese Entscheidung wurde verschoben. Die früheren Anträge auf Verlegung in den Hausarrest wurden abgelehnt. Ich bin nicht länger dazu bereit, in dieser untragbaren Situation auszuharren und auf Entscheidungen einer Justiz zu warten, die über die letzten Monate meine Rechte immer wieder systematisch verletzt hat. Ich beginne daher heute, am 5. Juni 2025, einen Hungerstreik. Ich fordere, dass ich nach Deutschland zurück überstellt werde, dass ich zu meiner Familie zurückkehren kann und dass ich von zuhause an dem Verfahren in Ungarn teilnehmen kann.
Ich kann die Haftbedingungen in Ungarn nicht weiter ertragen. Meine Zelle war über drei Monate rund um die Uhr videoüberwacht. Ich musste über sieben Monate außerhalb meiner Zelle immer Handschellen tragen, teilweise auch in meiner Zelle, egal ob beim Einkaufen, bei Skype-Telefonaten oder bei Besuchen. Die Beamten führen stündlich eine Sichtkontrolle in meiner Zelle durch, auch nachts, und dabei schalten sie immer das Licht an. Ich muss Intimkontrollen über mich ergehen lassen, bei denen ich mich komplett zu entkleiden habe. Besuche fanden in getrennten Räumen statt, wo ich von meinen Familienangehörigen, Anwälten und offiziellen Vertreter:innen durch eine Trennscheibe getrennt wurde. Bei Zellenkontrollen hinterließen die Beamten ein komplettes Chaos. Die baulichen Gegebenheiten verhindern, dass ich genügend Tageslicht sehe. Der winzige Hof besteht aus Beton und ist von einem Gitter überspannt. Die Temperatur des Duschwassers lässt sich nicht regulieren. Meine Zelle ist dauerhaft von Bettwanzen und Kakerlaken befallen. Es ist keine ausreichende Versorgung mit ausgewogenem und frischem Essen gegeben.
Ich befinde mich außerdem in Langzeit-Einzelhaft. Fast sechs Monate war gar kein Kontakt mit anderen Gefangenen möglich. Bis heute sehe oder höre ich weniger als eine Stunde am Tag andere Menschen. Dieser dauerhafte Entzug von menschlichem Kontakt soll bewusst seelischen und körperlichen Schaden hervorrufen. Deswegen sehen die Europäischen Strafvollzugsgrundsätze des Europarats „mindestens zwei Stunden sinnvollen menschlichen Kontakt am Tag“ vor. Deswegen gilt die „Langzeit-Einzelhaft“, die Absonderung eines Gefangenen für mindestens 22 Stunden am Tag über mehr als 15 Tage, nach den Nelson-Mandela-Regeln der Vereinten Nationen als menschenunwürdige Behandlung oder Folter. Hier in Ungarn bin ich lebendig in einer Gefängniszelle begraben und diese Untersuchungshaft kann in Ungarn bis zu drei Jahren dauern.
Ich hätte aus diesen Gründen niemals nach Ungarn ausgeliefert werden dürfen. Das Berliner Kammergericht und die Sonderkommission „Linx“ des LKA Sachsen haben die Auslieferung geplant und betrieben und dabei in voller Absicht meine Anwälte und das Bundesverfassungsgericht umgangen. Am 28. Juni 2024, wenige Stunden nach meiner Blitzauslieferung, entschied das Bundesverfassungsgericht, dass ich vorerst nicht ausgeliefert werden dürfe. Am 6. Februar 2025 entschied es, dass meine Auslieferung rechtswidrig war. Seitdem wurde keiner der Verantwortlichen zur Verantwortung gezogen. Es hat bisher keine Wiedergutmachung für mich gegeben.
Mit meinem Hungerstreik möchte ich außerdem darauf aufmerksam machen, dass keine weiteren Menschen nach Ungarn ausgeliefert werden dürfen. Diese Aufmerksamkeit benötigt aktuell vor allem Zaid aus Nürnberg, der sehr akut von der Auslieferung nach Ungarn bedroht wird. Ich erkläre mich mit allen Antifaschist:innen solidarisch, die im Budapest-Verfahren verfolgt werden.