Auch nach zweijähriger Haftzeit unter unmenschlichen Bedingungen in Ungarn entscheidet der Bundesgerichtshof die Untersuchungshaft fortzführen.
Am 31. März 2025, hat der Bundegrichtshof in Karslruhe die Untersuchungshaft von Tobi geprüft. Die Haftrichterin hat nach der Verhandlung entschieden, dass der Berliner Antifaschist in Untersuchungshaft verbleibt. Tobi, der bis Ende Dezember 2024 in Ungarn inhaftiert war, wird nun von der Bundesanwaltschaft wegen eines vermeintlichen Angriffs auf Neonazis im Jahre 2019 verfolgt. Ihm wird dazu bisher kein konkreter Vorwurf genannt, außer dass er als Teil der vermeintlichen Vereiningung „Antifa Ost“ an dem Angriff beteiligt gewesen soll. Tobis Anwältin hat sich in der Verhandlung für seine Freilassung ausgesprochen, da bisher keine substantiellen Ermittlungserkenntnisse vorgelegt werden können, die Tobi mit der vorgeworfenen Tat in Verbindung bringen. Weiterhin bestehe für den Berliner Antifaschisten keine Flucht- und Verdunkelungsgefahr. Die zuständige Haftrichterin sah das anders. Der Bundesgerichtshof und die betraute Generalbundesanwaltschaft wiederholen die Vorverurteilung ihrer ungarischen Kolleg:innen und verlängern damit auf dünner Grundlage und auf völlig unabsehbare Zeit Tobis Gefängnishaft.
Die jetzige Untersuchungshaft geht zurück auf die Bemühungen des Landeskriminalamt Sachsen. Die Behörde zeigt sich erneut als zentraler und politisch motivierter Treiber der Repression gegen Antifaschist:innen. Das LKA Sachsen hatte den Prozess für einen europäischen Haftbefehl gegen Tobi in die Wege geleitet, als dieser noch seine Strafhaft in Ungarn absaß. Auf der Grundlage eines Auslieferungsgesuchs haben deutsche Polizeibeamte im Dezember 2024 Tobi aus der Strafhaft in Ungarn nach Karlsruhe überführt, wo der zuständige Haftrichter des Bundesgerichtshofs am 27.12.2024 Untersuchungshaft gegen den Beschuldigten angeordnet hat. Diese Untersuchungshaft sitzt Tobi nun in einem Hochsicherheitsgefängnis auf unbestimmte Zeit ab.
Tobi hat in der Vehandlung über die unmenschlichen Haftbedingungen berichtet. Auch mit der taz sprach er darüber (https://taz.de/Linken-droht-Auslieferung-nach-Ungarn/!6073407/). Um es nochmal deutlich zu machen, listen wir hier einige seiner Darstellungen auf:
- Tobias wurde durch Wärter*innen mit „Sieg heil!“ Rufen in Empfang genommen.
- Tobias wurde zu Beginn seiner Haft der Kontakt zu Anwält*innen verhindert.
- Tobias und die andere Gefangene waren rund um die Uhr anlasslosen Kontrollen ausgesetzt – inklusive kompletter Entkleidung.
- Rassismus prägte den Haftalltag – sei es durch unterschiedliche Essensausgaben oder durch Beleidigungen gegenüber Menschen ohne ungarischen Pass, insbesondere gegenüber arabischen Gefangenen.
- Wärter*innen und „vermummte Kommandos“ schlugen immer wieder Gefangene zusammen – Betroffene trugen teils schwerste Verletzungen davon. Einmal führten die Folgen eines solchen Überfalls dazu, dass ein Mitgefangener starb.
- Bei klirrender Kälte war es verboten sich in Decken zu hüllen.
- Bei sengender Hitze kollabierten immer wieder Gefangene, da es keine Möglichkeiten zur Abkühlung gab.
- Die Ernährung war mangelhaft und bestand vor allem aus Reis und Nudeln.
- Strom war nur nach Willen der Haftanstalt verfügbar. Oft wurde er als Kollektivstrafe über Stunden abgestellt.
- Duschen konnten nur gelegentlich genutzt werden – oft war das Wasser ausgestellt.
- Bettwanzen und Kakerlaken waren ständige Begleiter seiner Haftzeit.
- Bei einem Besuch im Haftkrankenhaus, wegen eines Zahnleidens, wurde Tobis Backenzahn zertrümmert.
Die zuständige Haftrichterin hat die erlittenen Würde- und Rechtsverletzungen absonderlicher Weise als Begründung genutzt, um Tobi erst recht nicht von der Haft zu verschonen. Denn die Erfahrungen in ungarischer Haft würden ihn wahrscheinlich dazu bewegen, sich weiterer Haft – in Deutschland – zu entziehen. Das bedeutet, das Urteil der Haftprüfung ist im Effekt eine Extrabestrafung für erlittenes Unrecht in ungarischer Haft.
Tobi wird zu einer großen Gruppe an Antifaschist:innen gezählt, die seit fünf Jahren von deutschen und ungarischen Behörden mit aller Härte verfolgt werden. In beiden Ländern wird den Betroffenen vorgeworfen, Faschist:innen zu verschiedenen Gelegenheiten und in unterschiedlichen Konstellationen angegriffen zu haben. Um die Betroffenen überhaupt erst verfolgen zu können, haben die deutschen und ungarischen Behörden auf Strafrechtstatbestand der kriminellen Vereininigung zurückgegriffen. Allein das ermöglichte es Tobi in Ungarn zu verurteilen – eine Tatbeteiligung wurde ihm nicht vorgeworfen. Nun wird derselbe Strafrechtsparagraph von der Budapester Staatsanwaltschaft verwendet, um das Strafmaß bei einer Verurteilung von Maja hochzutreiben. Die Bundesanwaltschaft nutzt den deutschen Paragraphen § 129 sowie weitere Vorwürfe, um Tobi, Zaid, Clara, Nanuk, Moritz, Emmi, Hanna, Johann, Paul, Nele, Luca und Paula festzuhalten und wahrscheinlich vor Gericht zu zerren. Zaid, der keinen deutschen Pass hat, ist derzeit akut von einer Auslieferung nach Ungarn bedroht (https://www.basc.news/kampagnenstart-free-zaid-free-all-antifas-keine-auslieferung-nach-ungarn/), wo Maja weiterhin unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert ist (exemplarisch dokumentiert auf https://www.kanu.me/). Allen weiteren droht eine Auslieferung nach dem Abschluss der deutschen Ermittlungs- und Gerichtsverfahren.
Wir fordern die Freilassung von Tobi und allen anderen inhaftierten Antifaschist*innen. In Deutschland, in Ungarn und überall!
Keine Auslieferungen an rechtsautoritäre Staaten!