USA setzen „Belohnung“ im Antifa Ost Komplex aus. Versuch einer Einordnung

Wir spiegeln den Beitrag von: https://de.indymedia.org/node/561097

Im Anschluss an die kürzlich erfolgte Einstufung u.a. von „Antifa-Ost“, aber auch italienischer und griechischer Gruppierungen, als angeblich „terroristische Organisationen“ seitens der USA, geht die US-Regierung einen Schritt weiter und lobt eine Belohnung von bis zu 10 Millionen Dollar aus. Was bedeutet das?

 USA loben eine Belohnung aus 

Aus einer aktuellen Veröffentlichung des US-State Departements, d.h. dem Außenministerium der USA, lässt sich entnehmen, dass eine Belohnung von bis zu 10 Millionen Dollar ausgesetzt wird für Informant:innen, wenn deren Hinweise zur Störung von Zahlungswegen, Spendenströmen, Tarnorganisationen oder Unterstützerkreisender genannten (konstruierten) Gruppen führen. Konkret in diesem Zusammenhang benannt werden „Antifa-Ost“ (dort auch als „Hammerbande“ bezeichnet), Informal Anarchist Federation in Italien sowie Armed Proletarian Justice und Revolutionary Class Self-Defense in Griechenland. 

Hintergrund 

Wie eingangs angemerkt, wurde „Antifa Ost“ zunächst als Foreign Terrorist Organization (FTO) benannt. Diese Stufe ist ein exekutiver Akt, ohne vorheriges Gerichtsverfahren, ausschließlich gestützt auf Geheimdienst- und Sicherheitsbewertungen. In einem zweiten Schritt wurde die Einstufungformal wirksam, indem sie im US-Rechtssystem umgesetzt wurde: Specially Designated Global Terrorist (SDGT). 

Die Umsetzung im Rahmen der Regelungen zu SDGT löst strafrechtlicher Folgen aus, wie das strafbewehrte Verbot materieller Unterstützung, mögliche Finanzsanktionen (zuständig ist hier OFAC) und es wird die Anwendung von Programmen wie dem „Rewards for Justice“ eröffnet.  

Exkurs: eine Rede im Dezember in Ungarn

Am 12.Dezember 2025 hat Thomas DiNanno, Under Secretary for Arms Control and International Security im US-Außenminiterium in Ungarn eine Rede gehalten. Als „Under Secretary“ ist seine Position einem Staatssekretär vergleichbar. 

In seiner Rede arbeitete DiNanno zentrale Perspektiven der US-Regierung heraus: 

  1. Antifa-nahe Gruppen werden als Terrororganisationen definiert und sicherheitspolitisch auf eine Stufe mit al-Qaida und ISIS gestellt
    DiNanno erklärt „far-left terrorism“ zur wachsenden Kernbedrohung und überträgt ausdrücklich die aus dem „War on Terror“ bekannte Logik auf linke Militanz. Antifa erscheint nicht als politisches Milieu, sondern als organisierte, grenzüberschreitende Terrorstruktur.
  2. Die USA und Ungarn bilden eine strategische Frontstaaten-Allianz gegen linke Gewalt
    Die bilaterale Zusammenarbeit wird historisch legitimiert und politisch aufgeladen: Beide Staaten werden als Hüter von Souveränität, Ordnung und Sicherheit präsentiert. Wobei Ungarn als europäischer Vorreiter gelobt wird.
  3. Umfassende Repression wird als notwendig, legitim und alternativlos dargestellt
    Der US-Vertreter kündigt an, sämtliche rechtlichen und administrativen Mittel auszuschöpfen: Terrorlistungen, Strafverfolgung, Geheimdienst- und Polizeikooperation, Zerschlagung von Netzwerken sowie finanzielle Austrocknung. Es wird eine konsequente Vorfeld- und Strukturverfolgung angekündigt.
  4. Internationalisierung und Europäisierung der Antifa-Bekämpfung
    Thomas DiNanno fordert explizit andere europäische Staaten auf, sich öffentlich der US-ungarischen Linie anzuschließen. Nationale Verfahren (z. B. Prozesse in Deutschland) werden als Beweise für ein gesamteuropäisches Terrorproblem dargestellt.
  5. Delegitimierung politischer Motive durch Ideologisierung des Gegners
    Antifaschismus wird in der Rede nicht nur kriminalisiert, sondern moralisch und historisch delegitimiert: Sie wird als „falscher Prophet“, als autoritäre Bewegung und als eigentliche Form des Faschismus dargestellt. Politische Selbstbeschreibung („antifaschistisch“) wird als bewusste Täuschung bezeichnet.
  6. Zivilisatorischer Deutungsrahmen: Schutz „westlicher Werte“ und europäischer Identität
    Linke Militanz wird als Angriff auf Aufklärung, Meinungsfreiheit und „zivilisatorisches Selbstvertrauen Europas“ interpretiert. 

Einordnung 

Ungarn hatte am 26.09.2025 „Antifa“ als Terrororganisation eingestuft. Dies wirkt erstmal lokal. Einfrieren von Vermögenswerten in Ungarn, Einreisebeschränkungen, Strafverfolgung von Mitgliedern und strafbare Handlungen werden verschärft geahndet, wie auch die Beteiligung an oder Unterstützung. 

Auch durch die Listung von „Antifa-Ost“ seitens der USA, werden in Deutschland noch keine konkreten rechtlichen Folgen ausgelöst, allerdings können künftig bei Listung konkreter Einzelpersonen sehr unmittelbar zumindest wirtschaftliche Folgen wirksam werden. Beispielsweise könnten sich US-Unternehmen entschließen, alle Geschäftsverbindungen einzustellen. Das reicht von Spotify, über PayPal, amazon und vielem mehr. Derartiges kann schon drohen, bevor eine konkrete Listung durch die Administration der USA erfolgt. 

Unternehmen müssen Anti-Terrorismus-Compliance Programme betreiben, und im Zuge dieser wie auch anderer Programme greift die enhanced due diligence („verstärkte Sorgfaltspflicht”). Deshalb prüfen Unternehmenproaktiv Medienberichten, öffentlich zugängliche Datenbanken, Social-Media-Aktivitäten und bewerten anschließend das Risiko ob eine Person materiell oder finanziell Terrorgruppen unterstützt. 

Das bedeutet, um zivil- oder strafrechtliche Haftung zu verhindern, handeln US-Unternehmen vorbeugend, selbst wenn die konkrete Person nicht auf einer offiziellen Liste steht! 

Was nun die ausgelobte Belohnung anbetrifft, dürfte sich diese exekutive Maßnahme, bei einer vorsichtigen Prognose, aktuell eher in einer Signalwirkung erschöpfen. Allerdings wird auch deutlich, dass die USA die Finanzierungsstrukturen dieser europäischen Gruppen zum sicherheitspolitischen Ziel erklären. Es erfolgt zugleich eines Verschiebung des Fokus, weg von Strafverfolgung einzelner Täter:innen hin zur systematischen Zerschlagung organisatorischer Grundlagen. Das Deutungssignal das von der Rede DiNannos und der Auslobung der Belohnung ausgehen ist, dass linke Militanz in Europa nicht mehr als innereuropäisches Extremismusproblem betrachtet wird, sondern als internationaler Terrorismus. Europäische linksradikale Gruppen werden von den USA in das gleiche globale Terrorismus-Regime eingeordnet, das zuvor primär gegen islamistische Organisationen genutzt wurde. Eine Politik die manchen vielleicht noch aus der Geschichte bekannt ist, früher aber jedoch eher andere Regionen, bspw. in Südamerika oder Asien, getroffen hat. 

Die mittel- und vor allem langfristigen Folgen sollten deshalb nicht unterschätzt werden.